Kraftfeld ICH - Selbstlüge vs. Selbsterkenntnis!
Selbstlüge vs. Selbsterkenntnis
Die erfolgsgetriebene Selbstlüge
"Wenn man sich die Landschaft der ausgetüftelten Werbebotschaften ansieht, die sich mit dem Erlernen eines erfolgreichen Selbstmanagements und Selbst-Coachings befassen, so kommt man nicht umhin festzustellen, dass es den meisten wohl schwer fallen dürfte, sich deren suggestiven Wirkungen zu entziehen.
Allein die angebliche Existenz solcher „versprochenen Kräfte“ übt eine unfassbare magische Anziehungskraft und Faszination aus. Von schier übernatürlichen Superkräften und erweiterten Bewusstseinszuständen ist da die Rede.
Dass sich dahinter unter Umständen für den ein oder anderen sogar eine eher nicht ganz ungefährliche psychologische Falle verbergen kann, bleibt hinter den zahleichen Versprechungen oftmals unentdeckt.
Viele Ziele werden dabei oftmals sehr unspezifisch benannt und somit kaum im Nachgang überprüfbar. Das geht dann im „Massenphänomen des sich nichts nachsagen lassen Wollens“ unter und wird gerne verschwiegen - „ es war ja so toll!“. Bildungs-Entertainment für manipuliert Erfolgshungrige eben.
Bei kritisierter Nichterreichung des Angepriesenen sind dann ja auch marketingtechnisch und rhetorisch ausgereifte und geschulte Vielversprecher schnell mit Erklärungsmodellen parat, die sich auf die Inkompetenz der „Umsetzer“ beziehen.
Der Betroffene gerät somit auf seinem eigentlich anvisierten Mega-Erfolgsweg vielfach eher in eine Negativ-Spirale der falschen Erwartungshaltungen, da es ihn immer wieder zu neuen Methoden und Verfahren hinzieht.
Diese strebt er erneut immer wieder an, um sich über die „ Noch-Nicht-Zielerreichung seiner „potentials“ hinwegzutrösten und ständig neue Motivationen für seine gekränktes Persönlichkeits-Ego einzufordern. Ein böses Spiel mit sich selbst und ein Spiegelbild eines ausufernden Seminar-und Speaker-Zirkus.
Das liest sich jetzt selbstverständlich extrem kritisch und negativ wertend und das mit vollem Bewusstsein, klarer Überzeugung und Absicht!
Denn ohne ein klares Erkennen, dass der Einzelne sich auf konsequent, durch ihn selbst initiierte und langfristig gewollte und dauerhaft umgesetzte Prozesse für seine eigene Weiterentwicklung einlassen muss, wird dieser immer wieder nach einem durchaus unterhaltsamen aber meist „zu teuer bezahlten Kreis“ bei sich selbst und seinem alten Status Quo - quasi als Karussellfahrer auf zwar immer neueren, bunteren Figuren, aber auf der selben Plattform - ankommen.
Die „Positiv-Denker“
Wie viele Leser hatten Erfolgsautoren wie Dale Carnegie, Joseph Murphy, Norman Vincent Peale, Erhard F. Freitag?
Eine riesige Menge!
Ausgehend von der Erfolgsformel des Urvaters des „Positiven Denkens“ sprechen sich diese tausende von Menschen (wenn sie es den wirklich konsequent tun) morgens und abends zu, dass „es ihnen von Tag zu Tag besser geht“. Mit einem „Sorge dich nicht, lebe!“ sollen reell existierende belastende Gefühle wie Ärger oder Wut in einer Art Selbsttherapie weggedacht werden.
Sorgen könnten demnach also ersatzlos gestrichen werden, denn sie sind ja so etwas wie „die Geißel der Menschheit! Nie sollte man diesem Denken folgend negative, unangenehme, schmerzliche Gedanken aufkommen lassen.
Kann dies gut gehen? Sicher ist eine nur auf Negatives ausgerichtete Wahrnehmung nicht sonderlich förderlich und kann auf Dauer krank machen. Negatives und Belastendes aber immer nur wegzudrücken kann dahingegen aber ebenso als gefährlich und grundsätzlich falsch angesehen werden.
Es ist eigentlich auch gegen die menschliche Natur, über glühende Kohlen zu laufen, aber Tausende haben es getan, für teueres Geld, weil sie damit ihre besonderen geistigen Kräfte unter Beweis stellen wollten.
Sicher, wer dies tut, ist wagemutig, traut sich etwas. Man kann dies anerkennen, aber ist das einem besonderen Bewusstseinszustand zuzuordnen oder einfach eben doch nur mutig?
Der isolierenden Ascheschicht darf man sich dabei bewusst sein. Und auch der Hautschweiß isoliert zusätzlich.
Das sich aufputschen und euphorisieren lassen wirkt eben enorm autosuggestiv, so dass man glauben kann, etwas Großes bewirkt zu haben.
Wenn aber sich das „erhoffte Große“ nicht einstellt und sich durch Selbstzweifel dann Versagensängste und Minderwertigkeitsgefühle wieder emporwinden, die beim Betroffenen das Gefühl eigener Kompetenz unterminieren und ihn noch weiter von einem gesunden Selbstbild abbringen, dann läuft etwas schief.
Der Faktor Zeit kann bei der Bewältigung kritischer Aspekte der menschlichen Existenz nicht außer Acht gelassen werden. Die vielfach zu oberflächlich propagierte Art und Weise des einfachen Wegdrückens von negativen und belastenden Gedankengängen mit simplen Absichtsformeln greift da zu kurz. Es bedarf eines ernsthaften, ehrlichen, wachen, ausdauernden und präsenten Weges.
Die Coping-Forschung klärt dies eindeutig. Man kann sich nicht einreden, dass es einem gut geht, wenn es einem in Wirklichkeit schlecht geht, und schon gar nicht wenn dieses Verhalten eine positive Auseinandersetzung durch eine damit bewirkte einfache und schlichte Ignoranz verhindert.
Sehr förderliche Voraussetzungen für eine ernsthafte, wirkliche Lebensbewältigung und einem sich den Herausforderungen und den Problemen stellen statt sie schön zu reden sind innere Stärke, Selbsterkenntnis, Achtsamkeit, Selbstbewusstsein und ein regelmäßiges Vital- und Entspannungstraining.
Forschungsergebnisse aus der Krebs- und Stressforschung bestätigen, dass Patienten, die sich ihrer Erkrankung bewusst stellen mit all dem damit verbundenen Schmerz und der Wut und der Verzweiflung bessere Prognosen haben als jene, die ihre Situation verharmlosen oder verdrängen.
Die "Starken"
Außergewöhnliche Taten stehen für mentale Stärke. Kann man das so stehen lassen? Wie sieht das bei diesbezüglichen Trainings aus?
Viele Trainings zielen darauf ab, dass sich ihre Teilnehmer höchst anspruchsvollen Herausforderungen stellen, Wüsten-Touren, Überlebens-Camps in jeder Form, da gibt es zahlreiche Angebote.
Hat man dabei etwas „Besonderes vollbracht“ fühlt man sich gut. Das Vollbringen wird dann als Beweis einer besonderen mentalen Kraft angesehen. Wie aber gelingt der Transfer eines solchen Gefühls in den Alltag?
Mentale Prozesse sind über viele Jahre in das Bewusstsein und Unterbewusstsein von Individuen eingeschliffen. Menschen sind da oft richtige Gewohnheits-Meister.
Derart kurzfristige Euphorie-Erlebnisse wie oben angedeutet sind nicht in der Lage, ausreichende Umsetzungsmuster und -kompetenzen für die Veränderung festgefahrener Lebensgewohnheiten aufzubauen.
Wenn ein Teilnehmer eines solchen Events dann später im Alltag feststellt - und das ist ein ganz normal Vorgang und kann zu Recht von ihm festgestellt werden - dass ihm die Leistungskraft mal abhanden kommt, dann verschließt dieser sich unter Umständen sogar aus Enttäuschung und Frustration über sich selbst, den eher seriöseren, langfristig angelegten, regelmäßigen leistungsfördernden Programmen.
Er hat sich ja als Superheld erlebt und sieht sich jetzt in für ihn augenscheinlich banaleren Anforderungen scheitern.
Als Beispiele zur Notwendigkeit einer Regelmäßigkeit lassen sich die Ergebnisse der Entspannungsforschung von medizinischer Seite her anführen. Eine therapeutische Wirksamkeit tritt erst nach einem Umsetzungszeitraum geeigneter Trainings von mehreren Monaten ein und muss durch kontinuierliches Training beibehalten werden.
Trainings sollten gut auf den anvisierten Zielbereich zugeschnitten sein. Natürlich ist ein tolles Urlaubsambiente per se entspannend und für einen angenehmen Rahmen von Seminaren willkommen.
Entscheidend wäre bei der Zielsetzung der Entspannung zum Beispiel aber, dass man dabei auch lernt, Stress dann abzubauen, wenn man in entsprechenden Stresssituationen ist und nicht im Urlaub, wo dies den meisten auch ohne Meditation und dafür wirksamen Übungen gelingt.
Es geht immer um die Frage des Transfers in das individuelle Lebensmodell jedes einzelnen Teilnehmers im Alltag.
Die "Sorgenverdränger"
Die Lebensbewältigungskompetenz (Coping) wird durch die Alarmfunktion der Sorgen gefördert. Man bereitet sich auf Besorgniserregendes vor, sammelt Informationen darüber und entwickelt Strategien.
Wie so oft ist dabei das richtige Maß entscheidend. Ständige negative Sorgen befördernde Selbstgespräche, bei denen man sich nur mit seinem Problemen im Kreis bewegt, tragen mit Sicherheit nicht ausreichend zur Problembewältigung bei.
Hier hilft eine (auch zu empfehlende, von außen unterstützte) Zielklärung:
1. Bestehende Sorgen und Bedenken aufschreiben
2. Was soll erreicht werden? Worin besteht das Ziel der Problembewältigung?
3. Sammeln von Lösungsalternativen
4. Plus-Minus Analyse (Kosten-Nutzen-Bilanz)
5. Belohnung für diese Vorgehensweise unabhängig von Ergebnis
6. Sich dann auch wieder bewusst anderen Dingen zuwenden
Das Kraftfeld ICH
Ohne den einzelnen Menschen also in seiner Ganzheit zu betrachten dürfte es schwer fallen, Veränderungs- und Entwicklungsprozesse zielführend anzugehen.
Viel zu oft verspricht sich der Einzelne wie oben schon angesprochen durch von außen adaptierte Lösungen, die nur jeweils Teilaspekte seines ICH beleuchten können, eine Weiterentwicklung.
Diese versandet dann nur allzu oft, trifft nicht den Punkt, setzt nicht am Engpassfaktor an, ist fachspezifisch blind und lässt wichtige Interdependenzen einfach außer Acht. Sie wird der Komplexität nicht gerecht, wird nicht als langfristiger Prozess angelegt und setzt völlig falsche Schwerpunkte fern ab vom ICH und zu nahe am Wunschdenken.
Lebensgewohnheiten, angemessene Belastungen, ausgewogene Ernährung, guter Schlaf, Entspannung, Erholung, Ausgeglichenheit, psychosoziale Kontakte, kraftspendende Emotionen, ressourcenoptimierende Verhaltensweisen......alles Aspekte die Berücksichtigung finden sollten.
Alle diese Aspekte bestimmen das ICH und somit in ihrer Komplexität und ihren Zusammenhängen das Kraftfeld in dem sich das ICH bewegen kann.
Es kann bei ernsthaft verfolgten Coaching-Ansätzen nicht um die isolierte Verbesserung von Teilfertigkeiten gehen.
Wenn wir Sport treiben, dann werden nicht nur unser Muskelapparat und unser Kreislauf beeinflusst, sondern auch unser Schlaf, unsere psychischen Prozesse, Emotionen und Motivationen, welche über komplexe Vorgänge im Gehirn vermittelt werden.
Mentale Stärke kann nicht ohne die Berücksichtigung unseres Organismus als Bühne unserer Emotionen, die von vitaler Leistungsfähigkeit und Wohlempfinden beeinflusst wird, thematisiert werden.
Der ganze Organismus steht mit seinen Funktionen in vielfältigen Wechselbeziehungen des Stoffwechsels zueinander.
Organismus, Kognitionen, Emotionen und Aktionen stehen immer systemisch in Zusammenhang.
Persönliche Entwicklung und inneres Aufblühen können wir dann besser erreichen, wenn wir lernen, uns als Ganzheit zu verstehen und unsere Lebensgestaltung entsprechend auf die Entwicklung unserer eigenen Potentiale auszurichten."
Vielen Dank für`s Lesen!
Achtet euch und achtet auf euch!
Alexander Arnold
(Bildquelle: Fotolia)

